Abschiedsrede, Bruno Knöller

Veröffentlicht am 01.07.2021 in Allgemein

Anlässlich seiner Verabschiedung, hält Bruno Knöller seine Abschiedsrede im Gemeinderat Bad Wildbad.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mack,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Presse,

„Genug ist nicht genug“, heißt ein nachdenklicher  Song des  Liedermachers Konstantin Wecker. Meistens stimme ich dem von mir hoch geachteten gesellschaftskritischen Künstler zu. Doch in diesem besonderen Fall hat er ausnahmsweise mal nicht recht: Genug ist eben doch genug. Vor allem dann, wenn man mit 37 Jahren Gemeinderats-Zugehörigkeit, davon 35 Jahre als Fraktionsvorsitzender, und fast 70 Lebensjahren der Rekordmann im Bad Wildbader Kommunalparlament ist.

Herr Bürgermeister Mack, ich bedanke mich dafür, dass Sie mir die Gelegenheit einräumen, diese Abschiedsrede heute halten zu dürfen. Diese Ehre ist nicht selbstverständlich, denn in meiner Zeit als Gemeinderat ist das bisher noch nie geschehen. Der letzte Stadtrat, der sich auf diese Weise verabschiedet hat, war mein Vorgänger als Fraktionsvorsitzender, der unvergessene, vor kurzem verstorbene und mich prägende Klaus Kallfaß, der 1984 just ausschied, als ich erstmals am Ratstisch Platz nehmen durfte.

Bei solchen Gelegenheiten, wie der heutigen, sagt man gemeinhin, dass man mit einem lachenden und einem weinenden Auge geht. Doch eigentlich müsste ich heute mit zwei lachenden Augen gehen, aus 3 Gründen:

1.  habe ich die Entscheidung aus freien Stücken getroffen und niemand hat mich dazu gedrängt,
2. haben mir die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt bei meiner neunten Bewerbung und meiner siebten Wahl vor 2 Jahren mit einer Steigerung meiner persönlichen Stimmenzahl um 20 Prozent einen außerordentlich hohen Vertrauensbeweis erwiesen. Auch die Tatsache, dass meine Fraktion, erstmals seit 30 Jahren, wieder die 30-Prozent-Marke übersprungen hat, habe ich als Bestätigung der Arbeit meiner Gruppierung und auch von mir empfunden,
3. arbeitet das höchste Gremium Bad Wildbads mit Klaus Mack an der Spitze und meinen Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen zielorientiert,  engagiert, kompetent und sachlich.

Allerdings weiß ich nicht, ob ich das mit den zwei lachenden Augen bis zum Ende meiner Rede durchhalten werde. Schließlich ist das auch eine emotionale Angelegenheit, wenn ich mehr als mein halbes Leben unter Euch sein durfte. Besonders berührt hat mich die Tatsache, dass gerade  Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen versucht haben, mich umzustimmen, als ich im Oktober vergangenen Jahres meine Entscheidung verkündet hatte. Mehrfach hat mich der erste Bürgermeister-Stellvertreter Jochen Borg (CDU) ermuntert, im Gemeinderat zu bleiben, die FWV/FDP-Fraktionsvorsitzende Rita Locher hatte sofort ein ausführliches Gespräch mit mir geführt und insbesondere der dritte Bürgermeister-Stellvertreter Thilo Reinhardt hat mich  fast wöchentlich geradezu inständig gebeten, nicht auszuscheiden. Herzlichen Dank dafür, zumal ich nicht immer zimperlich mit anderen Ratsmitgliedern und dem Bürgermeister umgegangen bin. Dafür bitte ich um Nachsicht.

Bei dieser Gelegenheit darf ich im Namen des ebenfalls ausscheidenden Kollegen Hans-Henning Saß sagen, dass er sich für den respektvollen Umgang und die sachbezogene Arbeit bedankt, dass er gerne Gemeinderatsmitglied war und ihm der Abschied nicht leicht fällt. Henning, dessen Ausscheiden ich sehr bedauere, und ich haben einen großen Vorteil gegenüber Ihnen allen: Wir werden von Klaus Mack verabschiedet, der wie kein anderer Bürgermeister der letzten 3 Jahrzehnte unsere Stadt in seiner ihm eigenen dynamischen und kreativen Art vorangebracht hat. Was nach ihm kommt,  weiß niemand. Seine großen  Schuhe auszufüllen, wird nicht einfach.

Dass ich frohen Mutes und in gewisser Weise erleichtert heute ausscheide, hängt auch damit zusammen, dass meine SPD-Fraktion, der ich mich nach wie vor verbunden fühle, bestens aufgestellt ist.

1. Mit Hubertus Welt rückt ein Mann nach, dessen Einsatz für die Menschen, die Welt und Umwelt vorbildlich ist. Die Bürgerinnen und Bürger,  auch des Stadtteils Sprollenhaus/Nonnenmiß/Christophshof, dürfen sich freuen: Erstmals seit fast einem halben Jahrhundert zieht über die SPD-Liste wieder ein Kandidat von dort ins Gremium ein. Drei Ratsmitglieder aus diesem Stadtteil bilden eine starke Vertretung. Der im März 1972 ausgeschiedene damalige dritte Bürgermeister-Stellvertreter Albrecht Mössinger war der letzte Repräsentant aus unseren Reihen.
2. Mit Birgit Kraft aus Calmbach gibt es eine kraftvolle Stimme, die sich besonders sozial und kulturell einbringt. Sie wird ebenfalls eine Bereicherung sein.
3. Mit 3 Frauen und 3 Männern ist die SPD-Fraktion erstmals paritätisch besetzt. Gerade in diesen Zeiten ein wichtiges Signal.
4. Mit Ursula Jahn-Zöhrens wurde eine hervorragende und bestens geeignete Nachfolgerin im Fraktionsvorsitz gefunden.
5. Mit Jürgen Schrumpf als weiterhin amtierendem stellvertretendem Fraktionsvorsitzenden ist damit zugleich Kontinuität gesichert.
6. Mit Dieter Gischer stellt sich ein in dieser Funktion bereits erfahrener und bewährter Kandidat für das Amt des zweiten Bürgermeister-Stellvertreters zur Verfügung, der wie kaum ein Anderer den Dienst an der Allgemeinheit über eigene Interessen setzt.
7. Mit Lena Knöller verfügt meine Fraktion weiterhin über das jüngste Gemeinderatsmitglied im ganzen Landkreis und der Name Knöller bleibt diesem Hohen Haus erhalten.
8. Mit allen von mir geschätzten und geachteten Mitgliedern der CDU- und FWV/FDP-Fraktionen ist mir ebenfalls nicht bange um unsere Stadt.

Ich habe mir überlegt, auf welche Entscheidungen und Ereignisse der vergangenen 37 Jahre ich eingehen sollte. Mein Ergebnis war: auf keines. Wo sollte ich anfangen und wo aufhören?  Dazu gibt es vielleicht einmal eine andere Gelegenheit. Viel wichtiger ist die Zukunft. Dazu möchte ich ein paar Wünsche äußern:

1. Bewahren Sie bitte Gottes Schöpfung, will sagen: Schützen Sie unsere Umwelt, Landschaft und Lebensgrundlagen.
2. Werden Sie unserer sozialen Verantwortung gerecht, schärfen Sie das soziale Gewissen, beseitigen Sie Ungerechtigkeiten und helfen Sie allen, besonders aber den Schwächsten unserer Gesellschaft.
3. Beteiligen Sie die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere die Jüngsten und die Senioren, noch mehr an Entscheidungsprozessen.
4. Beweisen Sie weiterhin und noch verstärkt Verantwortung für unsere örtlichen Traditionen. Wagen Sie Neues, ohne dabei das historische Ortsbild zu beschädigen.
5.  Zeigen Sie sich solidarisch, aber auch kritisch gegenüber der Stadtverwaltung. Unterstützen und begleiten Sie die hauptamtliche Mannschaft, nehmen Sie aber zugleich die Kontrollfunktion voll wahr.
6. Setzen Sie sich, wie bisher, wenn es angebracht ist, hart in der Sache auseinander, zeigen  Sie aber weiterhin respektvollen Umgang miteinander.

Ihr alle, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, dürft sicher sein, dass ich  Euch alle mag, genauso wie Sie, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, wobei es mir ein Anliegen ist, Dich liebe Nicole Bauer, als die gute Seele des Gremiums besonders hervorzuheben. Lieber Klaus, das gilt natürlich in selbem Maße auch für Dich. Deinen weiteren persönlichen und beruflichen Werdegang werde ich mit Interesse und Sympathie verfolgen.

Gott schütze Sie und Euch alle, unsere Bürgerinnen und Bürger und unsere geliebte Stadt !

Abschließend möchte ich noch den Staffelstab an den jetzt nach Lebensjahren ältesten Gemeinderat, Dieter Gischer (SPD) weitergeben. Vielleicht begründe ich mit dieser Staffelübergabe eine kleine Tradition.




 

 
 

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